Ludwig Brunnengräber ist tot. Der frühere Lorscher Bürgermeister und Ehrenbürgermeister starb überraschend in der Nacht zum Sonntag (27.) in seinem Haus in der Lorscher Kantstraße. Der ehemalige Verwaltungschef, der die Klosterstadt 18 Jahre lang bis 1993 leitete, wurde 82 Jahre alt.
Bis zuletzt hatte der vielfach interessierte und für seine Heimatstadt engagierte Brunnengräber aktiv am Gemeindeleben teilgenommen. Anfang Oktober noch war er mit einer Reisegruppe der katholischen Pfarrgemeinde St. Nazarius im Salzburger Land unterwegs gewesen.
Am vergangenen Samstag hatte der gläubige Katholik – wie immer – die Vorabendmesse in Lorsch besucht. Am Sonntag hatte er sich – wie so oft – mit seinem Sohn Hans-Jürgen Brunnengräber zum Kaffee verabredet. Der Journalist allerdings fand seinen Vater zum verabredeten Zeitpunkt friedlich entschlafen vor.
Im April hatte Ludwig Brunnengräber den Tod seiner Ehefrau Liesel verkraften müssen. Das Paar war seit 1956 verheiratet und hinterlässt drei Kinder.
Bundesverdienstkreuz verliehen
Für die Stadt hat Ludwig Brunnengräber viel erreicht. Der gebürtige Lorscher, der 1945 als 14 Jahre alter Lehrling bei der Gemeindeverwaltung begann, hatte stets fleißig und erfolgreich gearbeitet. Vom Sekretär bis zum Amtsrat kletterte er alle Stufen der Verwaltung hinauf. 1975 wurde er – im zweiten Wahlgang – von der Stadtverordnetenversammlung zum Bürgermeister gewählt.
Der damals noch Parteilose, der später CDU-Mitglied wurde, setzte sich gegen den Mitbewerber Heinrich Keck (SPD) durch. Die SPD war in den 70er Jahren stärkste Fraktion in Lorsch. 1980 und 1986 wurde Brunnengräber im Amt bestätigt.
Für seine besonderen Leistungen wurde ihm 1997 die Ehrenbürgermeisterwürde verliehen, zudem wurde er im Jahr 2004 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Zu den letzten Amtshandlungen des weitsichtigen Bürgermeisters gehörte die Verleihung der Urkunde, die das Kloster Lorsch zur Unesco-Welterbestätte adelte. Von dem begehrten Status profitiert die Stadt heute enorm. In Brunnengräbers Amtszeit richtete Lorsch auch den Hessentag aus. Früh hat sich Brunnengräber auch für gute Verbindungen zu Partnerstädten eingesetzt. Ihm wurden die Ehrenbürgerschaften von Le Coteau und Zwevegem verliehen, zudem wurde er zum „Ehren-Giebauer“ ernannt.
Stellvertretender Kreistagsvorsitz
Ehrentitel wurden Ludwig Brunnengräber im Laufe seines Lebens zahlreich zuteil. Die Auszeichnungen hatte er sich durch sein langjähriges Engagement in zahlreichen Vereinen und Verbänden verdient, das zudem seine große Bandbreite an Interessen dokumentiert. Sportler durften ebenso auf seine ehrenamtliche Unterstützung hoffen wie kulturell tätige Gruppen.
Brunnengräber brachte sich unter anderem zwei Jahrzehnte lang im Vorstand des SC Olympia ein und war Mitbegründer der Kegler-Vereinigung. Er gehörte den Gesangvereinen Germania und Liederkranz an, engagierte sich im DRK-Vorstand, der Feuerwehr und im Heimat- und Kulturverein sowie jahrzehntelang in der Vereinigung Fastnachtszug. Auch bei der Turnvereinigung, dem BdV, dem Kuratorium Weltkulturerbe sowie bei den Vogel-, den Geflügel- und den Kleintierzüchtern hatte er sich eingeschrieben. Für die Pfarrgemeinde arbeitete er im Verwaltungsrat mit.
Brunnengräber war viele Jahre lang stellvertretender Verbandsvorsteher des Wasserbeschaffungsverbandes Riedgruppe Ost und Mitglied der Verbandsversammlung. Im Kreistag setzte sich der Lorscher Bürgermeister in den Reihen der Christdemokraten ein. Zwischen 1977 und 1997 war er auch Vorsitzender des Infrastruktur-Ausschusses und des Hauptausschusses sowie stellvertretender Kreistagsvorsitzender. Zudem arbeitete er in der Betriebskommission für die Abfallbeseitigung im Kreis Bergstraße mit. Lange Jahre hatte Brunnengräber auch die Aufgabe als Schiedsmann der Stadt Lorsch und als Ortsgerichtsvorsteher übernommen.
Der Ehrenbürgermeister hat viele Spuren hinterlassen – nicht nur, was die Entwicklung seiner Heimatstadt betrifft, sondern auch bei Menschen. „Ludwig Brunnengräber ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass ich in die Kommunalpolitik gegangen bin“, erklärt zum Beispiel Bürgermeister Christian Schönung.
Jugendlichen für Politik begeistert
Der damalige Amtschef habe ihn als Jugendlichen, der aus einer eher unpolitischen Familie kam, für viele Themen sensibilisiert. „Ohne belehrend zu wirken“, wie Schönung, der damals mit Gerhard Brunnengräber, dem jüngsten Sohn Brunnengräbers, eine Messdienergruppe leitete, anerkennend unterstreicht.
Dass Schönung schließlich der Nach-Nachfolger des Verwaltungschefs wurde, ist insofern bemerkenswert, als bei der Direktwahl 2011 auch Brunnengräbers ältester Sohn Hans-Jürgen für den Chefsessel im Stadthaus kandidierte.
Die Trauerfeier für Ludwig Brunnengräber findet am Samstag (2.) um 10.30 Uhr in der Pfarrkirche St. Nazarius statt. Anschließend erfolgt die Beisetzung auf dem Friedhof.
© Bergsträßer Anzeiger, Dienstag, 29.10.2013